das war dann der mai. wonnemonat und so.
also mai war, und monat auch, nur wo war die wonne?
anscheinend kältester mai, seit 40 jahren.
aber alles auf das wetter schieben ist ja nun auch etwas zu einfach.
Fing so gut an, mit einem wunderbaren surfurlaub in portugal, im drop in bei dani und mac, hier. Also wenn ihr mal einen tollen Urlaub haben wollt, dann hier. Und das Gefühl, das erste mal auf einem surfbrett zu stehen, also im Wasser, getragen von einer welle - unbeschreiblich - 4 sekunden lang ist man der könig der meere (zugegeben, ein ungelenker könig der meere, ziemlich nah am ufer, aber immerhin.)
und dann wundervolle tage in berlin. berlin mal wieder so, wie es mein berlin war. und familie und "knutschtante" sein und die hand des kleinen halten. bei jeder strasse die wir überqueren. am liebsten die ganze zeit nur straßen überqueren, weil man dann seine kleine hand halten darf (sonst kann er ja schon alles vollkommen alleine) und das vertrauen spüren - ich vertraue dir - ich vertraue dir mein kleines leben an, bedingungslos, du wirst mich sicher über die strasse bringen. ich muss dir doch soviel erzählen und so viel entdecken und sehen und hüpfen, da kann ich mich nicht auch noch immer nur auf die strassen konzentrieren, aber ich habe ja dich. ich vertraue dir.
und dann zurück. regen, regen in strichen vom himmel und regen und grau in strichen (oder stichen) im gemüt.
gar keinen antrieb haben. für gar nichts.
und ach.
und die ganze zeit nur denken: ach.
in frage stellen, weil sich dieses "ach" so lauwarm anfühlt.
und ach, welches der fünf angefangenen bücher soll ich zu ende lesen, ach ich schlaf lieber.
und ach, ich wollt mich doch gesund ernähren, aber ach, mc donalds geht auch.
und ach, ich wollte doch weiter gesunden kräutertee trinken, aber ach kaffee geht schneller.
und ach, ich wollte doch weiter sport machen, aber ach, jetzt ins fitnessstudio gehen, zu anstrengend.
und ach, wir wollten doch wandern gehen, aber ach, da liegt ja immer noch schnee und es regnet und was soll man denn dann da oben. bleiben wir unten.
ach, ich wollte doch die urlaubsfotos runterladen, aber ach, das kann ich auch noch später machen.
ach, was soll ich denn jetzt für musik hören, ach, ich weiß nicht. gefällt mir nicht.
so ein lustloses ach. das gelangweilt aus der kehle kommt und kaum einen ton hat, weil es so ach ist.
und dann schleicht sich zwischen die ganzen ach's ein gedanke, eine idee und man ist ganz motiviert und macht und bepflanzt den balkon mit blumen und kräutern und freut sich und setzt sich mitten rein in seine neue kleine grüne oase und denkt sich: ach, ist das schön. ein stimmhaftes, schönes, wonniges ach, so ein genuss ach. und zehn minuten später zieht die sonne zu, dicke graue wolken. und regen. in strichen. und im gemüt macht es wieder einen stich, weil man jetzt nur noch von drinnen die grüne oase anschauen kann und sich denkt, ach ich müsste die blumen giesen, aber ach, es regnet ja eh, das erledigt sich von allein. und das ach ist wieder ganz ohne ton.
und ach ich schau mal auf die wetterprognose, aber ach bis mitte juni bleibt es so. 19 grad, das ist gar nicht sommer, also noch nicht mal in der nähe. und ach, das bleibt wohl so. ach, gott sei dank, hab ich die dicken wollsocken noch nicht in den keller gebracht.
aber kann man dieses tonlose ach, dass ím prasseln des regens untergeht, nur dem wetter zu schreiben?
heute ein sonnentag. und tatsächlich, kam gar kein ach, aber morgen wieder regen, ach.
vielleicht ein bisschen.
also ein bisschen wetter-ach. und ein bisschen ich-ach.
m.
Dienstag, 28. Mai 2013
Dienstag, 23. April 2013
frühling
Es ist wirklich Frühling. Wirklich. Also meistens. Außer, wenn es kalt ist und regnet.
Aber dazwischen ist Zeit für einen Spaziergang und Spaziergänge sind im Frühling am allerschönsten, weil über all Blumen von unten aus der Erde schießen und einem von oben über den Köpfen hängen.
Bei so schönem Frühlingswetter kann man den Herrn Vater bei seinem Besuch ruhig mal mit auf das Havelekar nehmen. Trotz Wind wird fotografiert! Papa mit Punkfrisur.
Und es wurde Kuchen gebacken. Geburtstagskuchen für junge Küken. Schokoladenkuchen. Also vor allem Schokolade, weniger Kuchen im klassischen Mehl - Backpulver Sinn. Rezept von Ottolenghi. Und was soll ich sagen. Ich esse nicht gerne Süßes. Aber den schon.
240 g Butter
290 g Zucker
350 g 70% Schokolade
5 große Eier (getrennt)
Backofen auf 170° vorheizen, 26 cm Springform fetten und mit Backpapier auslegen.
Butter in Flocken und Schokolade in kleinen Stücken zusammenfügen in einer Schüssel, die die gesamte Masse aufnehmen kann. Den Zucker mit 4 Esslöffel Wasser zum kochen bringen, bis der ganze Zucker geschmolzen ist. Zuckerwasser über die Butter-Schokoladenmischung geben, so dass diese vollständig schmilzt, gut rühren, die 5 Eigelbe einzeln unterrühren. Die gesamte Mischung auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.
5 Eiweiße mit einer Prise Salz steif schlagen und in 3 Portionen unter die Schokoladenmasse heben. Es soll sich gut vermischen, aber man kann noch kleine weiße Flecken ausmachen.
3/4 der Masse in die Backform geben und 40 Minuten backen lassen. Kuchen auskühlen lassen, den Rest der Masse draufgeben und noch einmal 20 Minuten in den Ofen.
Fertig.
Ganz einfach.
Extrem gut.
So wie Frühling.
m.
Aber dazwischen ist Zeit für einen Spaziergang und Spaziergänge sind im Frühling am allerschönsten, weil über all Blumen von unten aus der Erde schießen und einem von oben über den Köpfen hängen.
ginster und magnolien |
magnolienmeer
|
Bei so schönem Frühlingswetter kann man den Herrn Vater bei seinem Besuch ruhig mal mit auf das Havelekar nehmen. Trotz Wind wird fotografiert! Papa mit Punkfrisur.
Und es wurde Kuchen gebacken. Geburtstagskuchen für junge Küken. Schokoladenkuchen. Also vor allem Schokolade, weniger Kuchen im klassischen Mehl - Backpulver Sinn. Rezept von Ottolenghi. Und was soll ich sagen. Ich esse nicht gerne Süßes. Aber den schon.
240 g Butter
290 g Zucker
350 g 70% Schokolade
5 große Eier (getrennt)
Backofen auf 170° vorheizen, 26 cm Springform fetten und mit Backpapier auslegen.
Butter in Flocken und Schokolade in kleinen Stücken zusammenfügen in einer Schüssel, die die gesamte Masse aufnehmen kann. Den Zucker mit 4 Esslöffel Wasser zum kochen bringen, bis der ganze Zucker geschmolzen ist. Zuckerwasser über die Butter-Schokoladenmischung geben, so dass diese vollständig schmilzt, gut rühren, die 5 Eigelbe einzeln unterrühren. Die gesamte Mischung auf Zimmertemperatur abkühlen lassen.
5 Eiweiße mit einer Prise Salz steif schlagen und in 3 Portionen unter die Schokoladenmasse heben. Es soll sich gut vermischen, aber man kann noch kleine weiße Flecken ausmachen.
3/4 der Masse in die Backform geben und 40 Minuten backen lassen. Kuchen auskühlen lassen, den Rest der Masse draufgeben und noch einmal 20 Minuten in den Ofen.
Fertig.
Ganz einfach.
Extrem gut.
So wie Frühling.
m.
Sonntag, 7. April 2013
Ausnahmetag
Gestern war mein erster Ausnahmetag.
Der erste Ausnahmetag von meinem "Plan". Kaffee, Zucker, Alkohol, Süßes, alles ist erlaubt an diesem Tag!
Und da ich ganz dringend auch mal eine Ausnahme von diesem Frühling, der kein Frühling ist, brauchte und mal ausnahmsweise Sonne, hab ich mir an meinem Ausnahmetag ein paar Stunden Italien gegönnt.
Das ist ja wirklich das schöne an Innsbruck, man setzt sich für eine Stunde ins Auto und ist in Italien, es ist zwar noch nicht so richtig richtig Italien, weil Südtirol so eine kleine Mischung aus Tirol und Italien ist, aber es ist schon immer ein bisschen wärmer und ein bisschen anders als zu hause.
Morgens bei 2 Grad, Nebel und grauseligem Wetter losgefahren. Und dann Pflichtprogramm, wenn man über den Brenner drüber ist (der Himmel riss natürlich auch sofort auf) an der Raststation bei Sterzing anhalten und den ersten Espresso:
Dann weiter, dieses Mal nach Bozen. Bozen hat einen wunderbaren Bauernmarkt, den wir besuchen wollten.. und was soll ich sagen, die Sonne kam raus und man wird von den Farben und Gerüchen und der italienischen Geräuschkulisse eingefangen und fühlt sich wie in einer anderen Welt und genießt jeden Blick, jeder Atemzug tut gut und man saugt förmlich alles auf, was nicht grau ist, sondern bunt und Leben und schön:
Glücklich und bepackt mit grünem Spargel, Tomaten, Olivenöl, Apfelsaft und natürlich Ranunkeln, sich einen Cappuccino gönnen, herrlich. Aber bald bemerken, dass wir die einzigen waren, die Cappuccino tranken, alle anderen waren schon beim Weißwein, Spritzer oder Hugo... Da dachten wir uns gute Idee! Die Einkäufe ins Auto verstaut und sich einen wunderbaren Platz in einem Café auf dem Waltherplatz direkt in der Sonne gesucht ... Noch besser. Weißwein bestellen, Menschen auf dem Platz beobachten und einfach die Sonne genießen und eigentlich gar nichts tun...
Egal wo ich bin, immer wenn ich einen Ausflug mache, bekommt meine Mama eine Postkarte von mir (wegen der Freude, wenn sie den Postkasten aufmacht), auch aus Bozen, natürlich.
Gegen den Hunger ein kleines, feines Restaurant suchen. Und es hilft immer wieder, noch ein Stückchen weiter zu laufen und noch einmal um die nächste Ecke zu schauen, weil dort findet man dann die kleinen Schätze.
Und so eines haben wir gefunden. Die "Fischbänke" heißt das kleine Lokal, dass nur draußen existiert, auf den alten marmornen Fischbänken des alten Fischmarktes, der früher hier einmal war, daneben der Fischbrunnen. Liebevoll wurde ein Sammelsurium an Schirmen und Tischen und Bänken um diese Fischbänke platziert und überall hängen Schilder mit lustigen Sprüchen und Lampions. Und irgendwie ist es eine Mischung aus Thailand- und Italien, so wie die Wirte, er ein Traum von einem typisch alten Italiener, Cobo, und seine Frau eine kleine zierliche Thailänderin.
Man setzt sich hinein in diese Welt und ist gleich glücklich, das Essen ist einfach aber sehr gut und der Wein auch. Und es ist einfach so entspannt. Dass wir ziemlich lang dort saßen und den Tag einfach genossen haben, und die Zeit einfach vergehen liessen...
Wenn ihr mal in Bozen seid, nehmt euch die Zeit und trinkt einen Weißwein mit Cobo dem Wirt, er findet die Fischbänke hier: Dr.-Streiter-Gasse 30, 39100 Bozen.
Und vergesst nicht auf Toilette zu gehen:
Dieser ganze Tag war wunderbar. Und ich würde den Plan ja fast für immer durchziehen, wenn alle meine Ausnahmetage so schön wären, wie dieser. Die Sonne, die Wärme alles tat an diesem Tag so gut. Und wir haben die 20 Grad noch gespürt, als wir wieder zurück über den Brenner in die graue Suppe gefahren sind und bei 4 Grad wieder in Innsbruck ankamen...
Und nun ist kein Ausnahmetag mehr, morgen fängt die Arbeit wieder an, aber ich habe mir von Cobo ein Konzept mitgenommen, für die Arbeitswoche, fürs Leben:
m.
Der erste Ausnahmetag von meinem "Plan". Kaffee, Zucker, Alkohol, Süßes, alles ist erlaubt an diesem Tag!
Und da ich ganz dringend auch mal eine Ausnahme von diesem Frühling, der kein Frühling ist, brauchte und mal ausnahmsweise Sonne, hab ich mir an meinem Ausnahmetag ein paar Stunden Italien gegönnt.
Das ist ja wirklich das schöne an Innsbruck, man setzt sich für eine Stunde ins Auto und ist in Italien, es ist zwar noch nicht so richtig richtig Italien, weil Südtirol so eine kleine Mischung aus Tirol und Italien ist, aber es ist schon immer ein bisschen wärmer und ein bisschen anders als zu hause.
Morgens bei 2 Grad, Nebel und grauseligem Wetter losgefahren. Und dann Pflichtprogramm, wenn man über den Brenner drüber ist (der Himmel riss natürlich auch sofort auf) an der Raststation bei Sterzing anhalten und den ersten Espresso:
Dann weiter, dieses Mal nach Bozen. Bozen hat einen wunderbaren Bauernmarkt, den wir besuchen wollten.. und was soll ich sagen, die Sonne kam raus und man wird von den Farben und Gerüchen und der italienischen Geräuschkulisse eingefangen und fühlt sich wie in einer anderen Welt und genießt jeden Blick, jeder Atemzug tut gut und man saugt förmlich alles auf, was nicht grau ist, sondern bunt und Leben und schön:
Ranoncoli |
Egal wo ich bin, immer wenn ich einen Ausflug mache, bekommt meine Mama eine Postkarte von mir (wegen der Freude, wenn sie den Postkasten aufmacht), auch aus Bozen, natürlich.
Gegen den Hunger ein kleines, feines Restaurant suchen. Und es hilft immer wieder, noch ein Stückchen weiter zu laufen und noch einmal um die nächste Ecke zu schauen, weil dort findet man dann die kleinen Schätze.
Und so eines haben wir gefunden. Die "Fischbänke" heißt das kleine Lokal, dass nur draußen existiert, auf den alten marmornen Fischbänken des alten Fischmarktes, der früher hier einmal war, daneben der Fischbrunnen. Liebevoll wurde ein Sammelsurium an Schirmen und Tischen und Bänken um diese Fischbänke platziert und überall hängen Schilder mit lustigen Sprüchen und Lampions. Und irgendwie ist es eine Mischung aus Thailand- und Italien, so wie die Wirte, er ein Traum von einem typisch alten Italiener, Cobo, und seine Frau eine kleine zierliche Thailänderin.
Man setzt sich hinein in diese Welt und ist gleich glücklich, das Essen ist einfach aber sehr gut und der Wein auch. Und es ist einfach so entspannt. Dass wir ziemlich lang dort saßen und den Tag einfach genossen haben, und die Zeit einfach vergehen liessen...
Wenn ihr mal in Bozen seid, nehmt euch die Zeit und trinkt einen Weißwein mit Cobo dem Wirt, er findet die Fischbänke hier: Dr.-Streiter-Gasse 30, 39100 Bozen.
Und vergesst nicht auf Toilette zu gehen:
Dieser ganze Tag war wunderbar. Und ich würde den Plan ja fast für immer durchziehen, wenn alle meine Ausnahmetage so schön wären, wie dieser. Die Sonne, die Wärme alles tat an diesem Tag so gut. Und wir haben die 20 Grad noch gespürt, als wir wieder zurück über den Brenner in die graue Suppe gefahren sind und bei 4 Grad wieder in Innsbruck ankamen...
Und nun ist kein Ausnahmetag mehr, morgen fängt die Arbeit wieder an, aber ich habe mir von Cobo ein Konzept mitgenommen, für die Arbeitswoche, fürs Leben:
m.
sonntags lesenswert 7
Heute ist es mal ein Buch, dass nun wirklich keine Neuentdeckung ist oder unbekannt oder so, nein, ganz im Gegenteil, fast alle werden es kennen und es gelesen haben oder den Film gesehen haben, aber wahrscheinlich ist das schon sehr lange her und ihr ward noch sehr klein, als ihr es gelesen habt oder es euch jemand vorgelesen hat. Und deswegen möchte ich euch daran erinnern und sagen: lest es noch einmal, jetzt, wenn ihr erwachsen seid. Denn genau für uns wurde dieses Buch ja geschrieben, von dem wunderbaren Michael Ende, "Momo oder Die seltsame Geschichte von den Zeit-Dieben und von dem Kind, das den Menschen die gestohlene Zeit zurückbrachte".
Es ist so ein wundervolles Buch. Vor zwei Jahren erzählte ich meinem damaligen Freund davon und er meinte, er kenne es gar nicht und hat auch den Film noch nie gesehen, er hat schon einmal davon gehört, aber so richtig wüsste er nicht worum es in dem Buch ginge. Deswegen bin ich los und habe mir Momo gekauft, mein Exemplar aus Kindertagen ist leider nicht mehr auffindbar. Und ich las ihm "Momo" vor und mir wurde bewusst, was für ein wundervolles Buch es doch ist und wie schade es ist, dass man es eigentlich nur als Kind liest, wenn überhaupt. Und ich las das Buch vor und mir kamen sogar beim Vorlesen die Tränen, so gerührt war ich über Momo und Gigi Fremdenführer und Beppo Straßenkehrer und wieder habe ich mich gegruselt vor den Grauen Herren (gut, dass ich es vorgelesen habe, das heißt ich war nie allein), er beschreibt die grauen Herren so gut, dass einem selber kalt wird, wenn man über sie liest.
Ich glaube, den Inhalt muss ich keinem erzählen, ich wollte es nur einmal wieder in Erinnerung rufen und sagen: einfach mal wieder lesen. tut gut.
Eine meiner Lieblingsstellen:
"Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste es war eine notwendige Arbeit.
Wenn er so die Strassen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich.
Schritt - Atemzug - Besenstrich. Schritt - Atemzug - Besentrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenlich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter - Schritt - Atemzug - Besenstrich - - -
(...)
"Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Strasse vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."
Es ist so ein wundervolles Buch. Vor zwei Jahren erzählte ich meinem damaligen Freund davon und er meinte, er kenne es gar nicht und hat auch den Film noch nie gesehen, er hat schon einmal davon gehört, aber so richtig wüsste er nicht worum es in dem Buch ginge. Deswegen bin ich los und habe mir Momo gekauft, mein Exemplar aus Kindertagen ist leider nicht mehr auffindbar. Und ich las ihm "Momo" vor und mir wurde bewusst, was für ein wundervolles Buch es doch ist und wie schade es ist, dass man es eigentlich nur als Kind liest, wenn überhaupt. Und ich las das Buch vor und mir kamen sogar beim Vorlesen die Tränen, so gerührt war ich über Momo und Gigi Fremdenführer und Beppo Straßenkehrer und wieder habe ich mich gegruselt vor den Grauen Herren (gut, dass ich es vorgelesen habe, das heißt ich war nie allein), er beschreibt die grauen Herren so gut, dass einem selber kalt wird, wenn man über sie liest.
Ich glaube, den Inhalt muss ich keinem erzählen, ich wollte es nur einmal wieder in Erinnerung rufen und sagen: einfach mal wieder lesen. tut gut.
Eine meiner Lieblingsstellen:
"Beppo liebte diese Stunden vor Tagesanbruch, wenn die Stadt noch schlief. Und er tat seine Arbeit gern und gründlich. Er wusste es war eine notwendige Arbeit.
Wenn er so die Strassen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich.
Schritt - Atemzug - Besenstrich. Schritt - Atemzug - Besentrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenlich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter - Schritt - Atemzug - Besenstrich - - -
(...)
"Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Strasse vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man."
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen."
Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte: "Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine Sache gut. Und so soll es sein."
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort: "Auf einmal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht außer Puste." Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: "Das ist wichtig."
Freitag, 5. April 2013
Briefe
Es gibt so Dinge im Leben, die einen besonders glücklich machen.
Ich habe einige solche Dinge: das Geräusch von Sand, der unter meinen Füßen quietscht, weil er so fein ist, Möwen, ein Cappuccino morgens in irgendeinem kleinen Kaffee irgendwo in Italien in der Morgensonne, die Umarmung meiner Mutter, ein richtig gutes Carpaccio (irgendwann fahre ich in Harry's Bar in Venedig und koste das Original) und der Moment, wenn ich meinen Briefkasten öffne und einen handgeschriebenen Brief, an mich adressiert, in ihm finde.
Diese Liebe zu handgeschriebenen Briefen habe ich schon sehr lange. Es fing irgendwann an, als ich 11 oder 12 war, damals schrieben meine Freundinnen und ich uns Briefe, nachmittags, wenn wir uns nicht sahen und gaben sie uns am nächsten Morgen in der Schule, eine zeitlang habe ich meine Briefe an sie (lang bevor es normal war, dass jeder einen Computer zu hause hatte) mit der alten mechanischen Schreibmaschine meiner Mutter geschrieben, eine weiße Kofferschreibmaschine mit schwarzen Tasten, die man noch kräftig runterdrücken musste und die bei jedem Zeilenwechsel ein "Pling" von sich gab, das war viel lässiger, als mit der Hand zu schreiben, damals saß man noch nicht stundenlang am Tag vor einer Tastatur... Und dann mit 13 zog ich fort von meinen Freundinnen und es gab noch keine E-Mails und kein Facebook und kein Skype und selbst das telefonieren war noch teuer und in der kleinen Wohnung in der wir lebten, hatte man nie eine Sekunde für sich allein, um in Ruhe zu telefonieren (um die wirklich wichtigen Dinge, die einen mit 13 so beschäftigen, zu besprechen). An dem Tag, an dem wir 700 km von meinen Freundinnen wegzogen, fing ich an, an sie zuschreiben, nach dem die Tränen getrocknet waren, was sehr lange dauerte, der Brief an sie wurde noch länger.
Von dem Tag an, verging kein Tag, an dem ich ihnen nicht geschrieben hätte. Ich schrieb ihnen drei zusammen, sie antworteten jede für sich. In den ersten anderthalb Jahren in dem neuen Ort hatten wir noch keinen eigenen Briefkasten und wir mussten unsere Briefe in der kleinen Post im Ort abholen. Jeden Tag bin ich hingegangen, die Angestellten kannten mich sehr schnell und ich musste nur den Kopf durch die alte Holztür stecken und entweder lachten sie mich an und griffen hinter sich in das Fach und gaben mir einen oder manchmal sogar zwei Briefe oder manchmal schüttelten sie auch den Kopf und ich sah ihnen an, dass auch sie ein wenig enttäuscht waren. Aber tatsächlich war fast jeden Tag ein Brief für mich da. Wundervolle, lange, bunte Briefe, mit ganz viel Freundschaft und Liebe drin und ganz viel zu Hause, das mir so sehr fehlte.
Schon auf dem Heimweg riss ich die Umschläge auf und der Heimweg war oft dreimal so lang, wie der Hinweg, weil ich vertieft war in mein zu Hause, der neue Ort um mich herum, verlor sich in den Zeilen, das Heimweh und das Fremde und die Einsamkeit verflüchtigten sich zwischen den Seiten und den einzelnen Worten.
Diese Briefe haben mich so glücklich gemacht, haben mir Halt gegeben in einer so haltlosen Zeit.
Und ich schrieb ihnen zurück, jeden Tag, ewig lange Briefe, der längste hatte 58 Seiten, in drei Tagen geschrieben. Ich weiß nicht mehr was ich geschrieben habe, alles was in meinem Kopf vorging. Was in einem 13 Jährigen Mädchen so vor sich geht. Es ging nicht um den Inhalt, es ging darum, das zu teilen, was wir nicht mehr teilen konnten, jeden Tag, den wir zu vor miteinander verbracht hatten. An dem ich nun nicht mehr teilnehmen konnte. Die kleinen, unbedeutenden Dinge und die großen, wichtigen Dinge, als sich die eine Freundin zum ersten Mal verliebte, der erste Kuss, von uns allen, die erste Liebe, der erste Herzschmerz, das was Freundinnen sich abends, wenn sie zusammensitzen erzählen. Diese Briefe gaben mir das Gefühl, doch noch dabei zu sein, auch wenn ich nicht mehr dabei war. Der Brief von C., der über und über mit Herzchen bemalt war, weil sie so verliebt war oder ganz großartig, der Bresso-Klecks auf einer Seite auf einem Brief von A., den sie umkringelte und dranschrieb "ich ess grad Brötchen mit Bresso drauf! Sehr lecker!" und ich einfach nicht mehr aufhören konnte zu lachen. So sehr, dass ich mich heute, fast zwanzig Jahre danach immer noch daran erinnere.
Und so waren die Briefe, als wenn ich neben ihr sitzen würde, während sie ihr Bresso-Brötchen ass und wir über irgendetwas so in Lachen ausbrachen - bis der Kakao in die Unterhose läuft, aber das ist wieder eine andere Geschichte - so war das, diese Briefe zu lesen.
Alle diese Briefe habe ich noch und ich könnte mich niemals von ihnen trennen. Von allem könnte ich mich trennen, nur davon nicht.
Viel Zeit ist seit dem vergangen, die Zeiten haben sich verändert, man schreibt sich E-Mails oder chattet, was seine Vorteile hat, weil es schneller geht und man eigentlich näher dran ist. Aber für mich ist es nicht vergleichbar. Man ist viel näher, wenn man ein Blattpapier in den Händen hält, auf dem geschrieben steht in der Handschrift eines geliebten Menschen, was derjenige denkt und fühlt. Die Handschrift des anderen sieht, sieht ob der Brief in Eile, in Aufregung, in Ruhe oder mit Bedacht geschrieben wurde. Das selbe Papier in den Händen zu halten, das auch der Schreiber in den Händen hielt. Es hervorgeholt hat, einen Stift mit dem er gerne schreibt, sich hingesetzt hat und sich die Zeit genommen hat, an einen und über einen nachgedacht hat. Einen Briefumschlag gesucht, die grausige Briefmarke angeleckt - auch so etwas was es heute nicht mehr gibt, heutezutage kleben alle Briefmarken von allein, wie schade... nach dem ganzen Schreiben und der Mühe war es so ein schöner Abschluss, dieses grauselige Ding anzulecken und auf den Brief zu kleben, ich werde nie den Geschmack und das Gefühl vergessen - aber man klebt die Briefmarke immer noch auf den Brief und dann ist er fertig. Dann kann er auf seinen Weg gehen, mit dem Wissen, dass er am Ende seines Weges jemanden sehr glücklich macht. Das alles ist soviel schöner, als einfach nur auf den Button "senden" zu drücken.
Viel Zeit ist seit dem vergangen. Selten macht man den Briefkasten auf und findet dort einen handgeschriebenen Brief für sich. Aber wenn, dann ist das Gefühl unbeschreiblich. Menschen, die mich im Fahrstuhl den Brief aufreißend sehen würden, mit einem Lächeln im Gesicht, dass so breit ist, dass man denken könnte es ist ein misslungener chirugischer Eingriff, könnten denken, irgendwelche Drogen wären in diesem Brief. Und vielleicht ist es auch so etwas wie eine Droge, eine Droge, die sehr sehr glücklich macht. Mich.
Probiert es einmal wieder aus. Setzt euch hin und schreibt einen Brief an einen geliebten Menschen, egal, ob er nah oder fern ist. Darauf kommt es nicht an, es kommt auf euer Gefühl an, wenn ihr den Brief schreibt und abschickt und die Freude, bei dem, der ihn bekommt.
Ist gar nicht schwer, Menschen glücklich zu machen.
m.
Ich habe einige solche Dinge: das Geräusch von Sand, der unter meinen Füßen quietscht, weil er so fein ist, Möwen, ein Cappuccino morgens in irgendeinem kleinen Kaffee irgendwo in Italien in der Morgensonne, die Umarmung meiner Mutter, ein richtig gutes Carpaccio (irgendwann fahre ich in Harry's Bar in Venedig und koste das Original) und der Moment, wenn ich meinen Briefkasten öffne und einen handgeschriebenen Brief, an mich adressiert, in ihm finde.
Diese Liebe zu handgeschriebenen Briefen habe ich schon sehr lange. Es fing irgendwann an, als ich 11 oder 12 war, damals schrieben meine Freundinnen und ich uns Briefe, nachmittags, wenn wir uns nicht sahen und gaben sie uns am nächsten Morgen in der Schule, eine zeitlang habe ich meine Briefe an sie (lang bevor es normal war, dass jeder einen Computer zu hause hatte) mit der alten mechanischen Schreibmaschine meiner Mutter geschrieben, eine weiße Kofferschreibmaschine mit schwarzen Tasten, die man noch kräftig runterdrücken musste und die bei jedem Zeilenwechsel ein "Pling" von sich gab, das war viel lässiger, als mit der Hand zu schreiben, damals saß man noch nicht stundenlang am Tag vor einer Tastatur... Und dann mit 13 zog ich fort von meinen Freundinnen und es gab noch keine E-Mails und kein Facebook und kein Skype und selbst das telefonieren war noch teuer und in der kleinen Wohnung in der wir lebten, hatte man nie eine Sekunde für sich allein, um in Ruhe zu telefonieren (um die wirklich wichtigen Dinge, die einen mit 13 so beschäftigen, zu besprechen). An dem Tag, an dem wir 700 km von meinen Freundinnen wegzogen, fing ich an, an sie zuschreiben, nach dem die Tränen getrocknet waren, was sehr lange dauerte, der Brief an sie wurde noch länger.
Von dem Tag an, verging kein Tag, an dem ich ihnen nicht geschrieben hätte. Ich schrieb ihnen drei zusammen, sie antworteten jede für sich. In den ersten anderthalb Jahren in dem neuen Ort hatten wir noch keinen eigenen Briefkasten und wir mussten unsere Briefe in der kleinen Post im Ort abholen. Jeden Tag bin ich hingegangen, die Angestellten kannten mich sehr schnell und ich musste nur den Kopf durch die alte Holztür stecken und entweder lachten sie mich an und griffen hinter sich in das Fach und gaben mir einen oder manchmal sogar zwei Briefe oder manchmal schüttelten sie auch den Kopf und ich sah ihnen an, dass auch sie ein wenig enttäuscht waren. Aber tatsächlich war fast jeden Tag ein Brief für mich da. Wundervolle, lange, bunte Briefe, mit ganz viel Freundschaft und Liebe drin und ganz viel zu Hause, das mir so sehr fehlte.
Schon auf dem Heimweg riss ich die Umschläge auf und der Heimweg war oft dreimal so lang, wie der Hinweg, weil ich vertieft war in mein zu Hause, der neue Ort um mich herum, verlor sich in den Zeilen, das Heimweh und das Fremde und die Einsamkeit verflüchtigten sich zwischen den Seiten und den einzelnen Worten.
Diese Briefe haben mich so glücklich gemacht, haben mir Halt gegeben in einer so haltlosen Zeit.
Und ich schrieb ihnen zurück, jeden Tag, ewig lange Briefe, der längste hatte 58 Seiten, in drei Tagen geschrieben. Ich weiß nicht mehr was ich geschrieben habe, alles was in meinem Kopf vorging. Was in einem 13 Jährigen Mädchen so vor sich geht. Es ging nicht um den Inhalt, es ging darum, das zu teilen, was wir nicht mehr teilen konnten, jeden Tag, den wir zu vor miteinander verbracht hatten. An dem ich nun nicht mehr teilnehmen konnte. Die kleinen, unbedeutenden Dinge und die großen, wichtigen Dinge, als sich die eine Freundin zum ersten Mal verliebte, der erste Kuss, von uns allen, die erste Liebe, der erste Herzschmerz, das was Freundinnen sich abends, wenn sie zusammensitzen erzählen. Diese Briefe gaben mir das Gefühl, doch noch dabei zu sein, auch wenn ich nicht mehr dabei war. Der Brief von C., der über und über mit Herzchen bemalt war, weil sie so verliebt war oder ganz großartig, der Bresso-Klecks auf einer Seite auf einem Brief von A., den sie umkringelte und dranschrieb "ich ess grad Brötchen mit Bresso drauf! Sehr lecker!" und ich einfach nicht mehr aufhören konnte zu lachen. So sehr, dass ich mich heute, fast zwanzig Jahre danach immer noch daran erinnere.
Und so waren die Briefe, als wenn ich neben ihr sitzen würde, während sie ihr Bresso-Brötchen ass und wir über irgendetwas so in Lachen ausbrachen - bis der Kakao in die Unterhose läuft, aber das ist wieder eine andere Geschichte - so war das, diese Briefe zu lesen.
Alle diese Briefe habe ich noch und ich könnte mich niemals von ihnen trennen. Von allem könnte ich mich trennen, nur davon nicht.
Viel Zeit ist seit dem vergangen, die Zeiten haben sich verändert, man schreibt sich E-Mails oder chattet, was seine Vorteile hat, weil es schneller geht und man eigentlich näher dran ist. Aber für mich ist es nicht vergleichbar. Man ist viel näher, wenn man ein Blattpapier in den Händen hält, auf dem geschrieben steht in der Handschrift eines geliebten Menschen, was derjenige denkt und fühlt. Die Handschrift des anderen sieht, sieht ob der Brief in Eile, in Aufregung, in Ruhe oder mit Bedacht geschrieben wurde. Das selbe Papier in den Händen zu halten, das auch der Schreiber in den Händen hielt. Es hervorgeholt hat, einen Stift mit dem er gerne schreibt, sich hingesetzt hat und sich die Zeit genommen hat, an einen und über einen nachgedacht hat. Einen Briefumschlag gesucht, die grausige Briefmarke angeleckt - auch so etwas was es heute nicht mehr gibt, heutezutage kleben alle Briefmarken von allein, wie schade... nach dem ganzen Schreiben und der Mühe war es so ein schöner Abschluss, dieses grauselige Ding anzulecken und auf den Brief zu kleben, ich werde nie den Geschmack und das Gefühl vergessen - aber man klebt die Briefmarke immer noch auf den Brief und dann ist er fertig. Dann kann er auf seinen Weg gehen, mit dem Wissen, dass er am Ende seines Weges jemanden sehr glücklich macht. Das alles ist soviel schöner, als einfach nur auf den Button "senden" zu drücken.
Viel Zeit ist seit dem vergangen. Selten macht man den Briefkasten auf und findet dort einen handgeschriebenen Brief für sich. Aber wenn, dann ist das Gefühl unbeschreiblich. Menschen, die mich im Fahrstuhl den Brief aufreißend sehen würden, mit einem Lächeln im Gesicht, dass so breit ist, dass man denken könnte es ist ein misslungener chirugischer Eingriff, könnten denken, irgendwelche Drogen wären in diesem Brief. Und vielleicht ist es auch so etwas wie eine Droge, eine Droge, die sehr sehr glücklich macht. Mich.
Probiert es einmal wieder aus. Setzt euch hin und schreibt einen Brief an einen geliebten Menschen, egal, ob er nah oder fern ist. Darauf kommt es nicht an, es kommt auf euer Gefühl an, wenn ihr den Brief schreibt und abschickt und die Freude, bei dem, der ihn bekommt.
Ist gar nicht schwer, Menschen glücklich zu machen.
m.
Sonntag, 31. März 2013
sonntags lesenswert 6
Ich war in meinem Bücherkeller... wollte nur ein paar Bücher suchen für LiLi, damit sie was zu lesen hat in den nächsten vier Wochen, in denen wir einen Plan haben. Und dann saß ich eine Stunde im Keller zwischen meinen Büchern. Herrlich. Wie sehr ich sie doch vermisse. Sollte ich vielleicht doch die eine Wand einfach mit Bücherregalen vollstellen? Vielleicht ein Plan den ich umsetzen sollte.
Eines der Bücher, die mir dabei in die Hand gefallen sind, ist "Verbrechen" von Ferdinand von Schirach, empfohlen von einem guten Freund und einfach ganz groß.
Im ersten Moment, meint man, man hat ein Buch mit Krimikurzgeschichten in der Hand, schließlich ist der Autor Berliner Starfverteidiger und tatsächlich geht es auch in allen Geschichten um Verbrechen.
Aber viel mehr, ist es eine Sozialstudie, ein Beschauen, warum Menschen Dinge tun, was sie dazu führt. Was sie dazu führt zu vertuschen und zu verschleiern, zu Morden, zu stehlen. Die Abgründe des Menschen, die oft, so nah an der Oberfläche sind.
Ich mag seinen Schreibstil sehr gerne, er schreibt, als würde er kurz und knapp berichten und dabei verliert er sich nie, sondern konzentriert sich immer auf das Wesentliche. Wenn er beschreibt, dann immer um einen Menschen zu skizzieren. Nicht um einen leeren Raum zu füllen. Und er skizziert so, obwohl so knapp, dass man den Menschen fast berühren könnte.
Ein kurzes Lesebeispiel:
"Fähner
Friedhelm Fähner war sein Leben lang praktischer Arzt in Rottweil gewesen, 2800 Krankenscheine pro Jahr, Praxis an der Hauptstrasse, Vorsitzender des Kulturkreises Ägypten, Mitgleid im Lionsclub, keine Straftaten, nicht einmal Ordnungswidrigkeiten. Neben seinem Haus besaß er zwei Mietshäuser, einen drei Jahre alten Mercedes E-Klasse mit Lederausstattung und Klimaautomatik, etwa 750 000 Euro in Aktien und Obligationen und eine Kapitalversicherung. Fähner hatte keine Kinder. Seine einzige noch lebende Verwandte war seine sechs Jahre jüngere Schwester, die mit ihrem Mann und zwei Kindern in Stuttgart lebte. Über Fähners Leben hätte es eigentlich nichts zu erzählen gegeben.
Bis auf die Sache mit Ingrid.
-
Mit 24 Jahren hatte Fähner Ingrid auf dem sechzigsten Geburtstag seines Vaters kennengelernt.
(...)
Sie war drei Jahre älter als Fähner, eine handfeste Provinzschönheit mit schweren Brüsten. (...) Die seltsam hohe, metallische Stimme, die keinerlei Modulation zuließ, irritierte Fähner. Nur wenn sie leise sprach, hatten ihre Sätze eine Melodie.
(...)
Die Hochzeitreise ging nach Kairo, es war sein Wunsch. Wenn man ihn später nach Ägypten fragte, sagte er, es sei "schwerelos", auch wenn er wusste, dass ihn niemand verstand. Er war dort der junge Parsifal, der reine Tor, und er war glücklich. Es war das letzte Mal in seinem Leben.
(...)
Fähner arbeitete im Garten. Er war jetzt 72, vor vier Jahren hatte er seine Praxis verkauft. Wie immer war er um sechs Uhr aufgestanden. Er hatte das Gästezimmer - er wohnte schon seit Jahren dort - leise verlassen. Ingrid schlief noch. Es war ein leuchtender Septembervormittag. Der Frühnebel hatte sich zurückgezogen, die Luft war klar und kalt. Fähner jätete mit der Hacke das Unkraut zwischen den Herbststauden. Es war eine anstrengende und eintönige Arbeit. Fähner war zufrieden. Er freute sich auf den Kaffee, den er wie immer in seiner Pause um halb zehn trinken würde. Fähner dachte an den Rittersporn, den er im Frühjahr gepflanzt hatte. Er würde im Spätherbst ein drittes Mal blühen.
Plötzlich riss Ingrid die Terassentür auf. Sie brüllte, er habe schon wieder vergessen, das Fenster im Gästezimmer zu schließen, er sei einfach ein Idiot. Ihre Stimme überschlug sich. Blankes Metall.
Fähner würde später nicht genau beschreiben können, was er in diesem Moment dachte. Es habe in ihm, ganz tief unten, hart und scharf zu leuchten begonnen. Alles sei überdeutlich in diesem Licht gewesen. Gleißend.
Er bat Ingrid, in den Keller zu kommen,... . "
Lesen. Unbedingt. Und dann auch gleich danach das zweite Buch von ihm "Schuld".
Keine leichte Kost, aber welche leichte Kost ist schon wirklich gut?
m.
Eines der Bücher, die mir dabei in die Hand gefallen sind, ist "Verbrechen" von Ferdinand von Schirach, empfohlen von einem guten Freund und einfach ganz groß.
Im ersten Moment, meint man, man hat ein Buch mit Krimikurzgeschichten in der Hand, schließlich ist der Autor Berliner Starfverteidiger und tatsächlich geht es auch in allen Geschichten um Verbrechen.
Aber viel mehr, ist es eine Sozialstudie, ein Beschauen, warum Menschen Dinge tun, was sie dazu führt. Was sie dazu führt zu vertuschen und zu verschleiern, zu Morden, zu stehlen. Die Abgründe des Menschen, die oft, so nah an der Oberfläche sind.
Ich mag seinen Schreibstil sehr gerne, er schreibt, als würde er kurz und knapp berichten und dabei verliert er sich nie, sondern konzentriert sich immer auf das Wesentliche. Wenn er beschreibt, dann immer um einen Menschen zu skizzieren. Nicht um einen leeren Raum zu füllen. Und er skizziert so, obwohl so knapp, dass man den Menschen fast berühren könnte.
Ein kurzes Lesebeispiel:
"Fähner
Friedhelm Fähner war sein Leben lang praktischer Arzt in Rottweil gewesen, 2800 Krankenscheine pro Jahr, Praxis an der Hauptstrasse, Vorsitzender des Kulturkreises Ägypten, Mitgleid im Lionsclub, keine Straftaten, nicht einmal Ordnungswidrigkeiten. Neben seinem Haus besaß er zwei Mietshäuser, einen drei Jahre alten Mercedes E-Klasse mit Lederausstattung und Klimaautomatik, etwa 750 000 Euro in Aktien und Obligationen und eine Kapitalversicherung. Fähner hatte keine Kinder. Seine einzige noch lebende Verwandte war seine sechs Jahre jüngere Schwester, die mit ihrem Mann und zwei Kindern in Stuttgart lebte. Über Fähners Leben hätte es eigentlich nichts zu erzählen gegeben.
Bis auf die Sache mit Ingrid.
-
Mit 24 Jahren hatte Fähner Ingrid auf dem sechzigsten Geburtstag seines Vaters kennengelernt.
(...)
Sie war drei Jahre älter als Fähner, eine handfeste Provinzschönheit mit schweren Brüsten. (...) Die seltsam hohe, metallische Stimme, die keinerlei Modulation zuließ, irritierte Fähner. Nur wenn sie leise sprach, hatten ihre Sätze eine Melodie.
(...)
Die Hochzeitreise ging nach Kairo, es war sein Wunsch. Wenn man ihn später nach Ägypten fragte, sagte er, es sei "schwerelos", auch wenn er wusste, dass ihn niemand verstand. Er war dort der junge Parsifal, der reine Tor, und er war glücklich. Es war das letzte Mal in seinem Leben.
(...)
Fähner arbeitete im Garten. Er war jetzt 72, vor vier Jahren hatte er seine Praxis verkauft. Wie immer war er um sechs Uhr aufgestanden. Er hatte das Gästezimmer - er wohnte schon seit Jahren dort - leise verlassen. Ingrid schlief noch. Es war ein leuchtender Septembervormittag. Der Frühnebel hatte sich zurückgezogen, die Luft war klar und kalt. Fähner jätete mit der Hacke das Unkraut zwischen den Herbststauden. Es war eine anstrengende und eintönige Arbeit. Fähner war zufrieden. Er freute sich auf den Kaffee, den er wie immer in seiner Pause um halb zehn trinken würde. Fähner dachte an den Rittersporn, den er im Frühjahr gepflanzt hatte. Er würde im Spätherbst ein drittes Mal blühen.
Plötzlich riss Ingrid die Terassentür auf. Sie brüllte, er habe schon wieder vergessen, das Fenster im Gästezimmer zu schließen, er sei einfach ein Idiot. Ihre Stimme überschlug sich. Blankes Metall.
Fähner würde später nicht genau beschreiben können, was er in diesem Moment dachte. Es habe in ihm, ganz tief unten, hart und scharf zu leuchten begonnen. Alles sei überdeutlich in diesem Licht gewesen. Gleißend.
Er bat Ingrid, in den Keller zu kommen,... . "
Lesen. Unbedingt. Und dann auch gleich danach das zweite Buch von ihm "Schuld".
Keine leichte Kost, aber welche leichte Kost ist schon wirklich gut?
m.
Freitag, 29. März 2013
der plan
Also das war so. Neulich im Fitnessstudio, an irgendeinem dieser komischen Geräte mit komischen Namen an denen man Übungen mit komischen Namen machen muss/kann/soll/will. Musik auf den Ohren. LiLi war auch da, aber sie wollte lieber mit Musik auf den Ohren trainieren, sie musste Aggressionen abbauen. Sie kam gerade vom Arzt, der ihr eine chronische Gastritis diagnostiziert hatte. Was das heißt? Kein Alkohol, kein Kaffee, kein Zucker, kein extrem Sport, kein Garnichts. So ziemlich. Trockene Brötchen und leicht verdauliches, gedünstetes Gemüse ohne Gewürze. Also, alles was Spaß macht - nicht. Und ich machte da also so die Übungen und sah das deprimierte Gesicht von LiLi und wenn ich eins nicht mag, dann ist es das deprimierte Gesicht von LiLi. Aber ich konnte sie doch sehr gut verstehen, hatte doch gerade in letzter Zeit, unser Lebenswandel eher etwas von Kamikaze-Vollgas-alles was geht, als von "wir sind dann mal vernünftig". Und dann machte ich diese dämlichen Übungen und dachte, das mach ich jetzt seit drei Monaten, aber so richtige Erfolge sieht man nun auch nicht, könnte daran liegen, dass wir sonst Kamikaze-Vollgas und da hilft auch dreimal die Woche Sportstudio nicht so viel... Also man müsste das ganze ganzheitlicher angehen. Wir könnten doch unseren Körpern mal was richtig Gutes tun und nicht: mal was Gutes tun und dann wieder Kamikaze. Und dann war der zweite Gedanke: in vier Wochen Urlaub. Bikinifigur und so weiter. Nach 10 mal weiter hoch und runter oder irgendwas sinnlos zusammendrücken, stand der Plan. Es ist nämlich total blöd, wenn man allein auf alles verzichten muss. Aber gemeinsam geht das schon besser. Und man muss ja nicht auf alles verzichten, sondern man lässt einige Dinge weg und gewinnt andere Dinge dazu. So muss man das mal sehen. Einfach mal positiv. Hab zur Zeit soviel positive Energie, da kann ich einiges von abgeben.
Und zack, am näcshten Gerät LiLi gezwungen die Stöpsel aus den Ohren zu nehmen und ihr den Plan erzählt:
Ab Montag, vier Wochen lang: kein Alkohol, kein Zucker, kein Fett. Gesunde Ernährung, gesunder Sport, viel frische Luft, ganz viel Kultur, Entspannung. Gemeinsam. Der eine motiviert den anderen.
Und das machen wir jetzt. Ab Montag.
Und dann in vier Wochen in den Urlaub fliegen. Fit.
YAY!!!
Freu mich drauf!
m.
P.S. Und ich muss weniger rauchen. Das schaff ich auch schon. Steck mir schnell noch eine an. Ist ja erst Freitag.
Und zack, am näcshten Gerät LiLi gezwungen die Stöpsel aus den Ohren zu nehmen und ihr den Plan erzählt:
Ab Montag, vier Wochen lang: kein Alkohol, kein Zucker, kein Fett. Gesunde Ernährung, gesunder Sport, viel frische Luft, ganz viel Kultur, Entspannung. Gemeinsam. Der eine motiviert den anderen.
Und das machen wir jetzt. Ab Montag.
Und dann in vier Wochen in den Urlaub fliegen. Fit.
YAY!!!
Freu mich drauf!
m.
P.S. Und ich muss weniger rauchen. Das schaff ich auch schon. Steck mir schnell noch eine an. Ist ja erst Freitag.
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